Emotionale Programme
prägen sich uns schon in den ersten Lebensstunden ein und wirken auf der
bereits beschriebenen „tieferen Ebene“ des Gehirns. Gedanklich
(„kognitiv“) sind sie nur schwer zugänglich. Am ehesten finden wir zu
ihnen Zugang, wenn es uns gelingt zu „erfühlen“, welche Verhaltensmuster
sich uns gerade aufdrängen. Auch indem wir unsere Verhaltensmuster
studieren, erhalten wir Rückschlüsse auf die Emotionen, deren Folge diese
Muster sind.
Mit der Frage „Wie geht
es Dir/Ihnen?“ erkundigen wir uns – ohne dass uns dies in der Regel
bewusst ist – nach den Emotionen des anderen. Ursprünglich steckte hinter
dieser Frage vermutlich weniger „Mitgefühl“, als reine Vorsicht. Denn wenn
wir eine ehrliche Antwort erhalten, können wir erfahren, welches Verhalten
des anderen uns erwartet. Leider ist die Frage „Wie geht es Dir?“ vielfach
zu einer inhaltsleeren Formel verkommen. Dennoch steht sie uns weiterhin
als hilfreiches Instrument zu Verfügung, die Verfassung des anderen zu
erkunden.
Tiefenpsychologisch
fundierte Psychotherapie eignet sich besonders gut dazu, das Erspüren
emotional gesteuerter Verhaltensprogramme zu üben. In ihren Konzepten von
„Übertragung“ und „Gegenübertragung“ geht es weitgehend um
das gleiche Thema.
Ein wichtiger Schritt zur
Bewusstmachung emotionaler Verhaltensprogramme bzw. von „Übertragungen“
ist die „bewusste Pause“ (manche sprechen auch vom „emotionalen
Polster“. Dazu gebe ich Ihnen folgende Empfehlung: Handeln (reden) Sie
nicht sofort als Reaktion auf ein Geschehen, sondern warten Sie einen
Augenblick ab. Fragen Sie sich während dieser Pause gezielt „Wonach ist
mir gerade?“. Meist werden Sie so erfahren, wozu ihre Emotionen Sie in
diesem Augenblick „bewegen“ wollen. Überlegen Sie sich im nächsten
Schritt, ob dieses „vorprogrammierte bzw. von Ihrem Gehirn (unbewusst)
vorgeschlagene Verhaltensmuster“ in der momentanen Situation optimal ist.
Folgen Sie dann dem „emotional gesteuerten“ Verhaltensvorschlag
oder entwickeln Sie dazu bewusst eine (besser passende) Alternative. Wenn
Menschen schon „antworten“, während der andere noch spricht bzw. so gut
wie keine Pause zulassen, dürfte dies meistens auf eine fast
ausschließlich emotional gesteuerte Antwort hinweisen. Dagegen ist im
Prinzip nichts einzuwenden; nur sollten Sie sich von der Illusion
befreien, dass Sie die betreffende Person mit Argumenten überzeugen
können.
Gerade bei
Impulshandlungen (wie etwa Essstörungen) kann die bewusste Pause sehr
hilfreich sein. Die Betroffenen sollte es sich zur Gewohnheit machen,
wenigstens eine Runde um den Block zu gehen, bevor sie solchen Impulsen
nachgeben. Oft hat sich der Impuls nach Abschluss der Runde gelegt. |