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Welche Rolle spielen psychische Erkrankungen?

 

 

Viele psychische Erkrankungen lassen sich damit erklären, dass das Bewusstsein (der Wille) zu schwach ist, emotional in Gang gekommene Prozesse („Impulse“) zu hemmen. Die Betroffenen werden dann von ihren Emotionen („Impulsen“) beherrscht. Beispiele sind Essstörungen, alle Süchte und andere schädigende Verhaltensweisen (wie etwa die Borderline-Störung). In diesen Fällen kann man auch von einer „Impulskontrollstörung“ sprechen. Eine zweite große Gruppe psychischer Erkrankungen zeichnet sich dadurch aus, dass es dem Bewusstsein misslingt, Emotionen richtig wahrzunehmen bzw. angemessen zu deuten. Emotional gefärbte Körperzustände (Herzrasen, Schwitzen, Druck, Zittern, Frieren, Muskelverspannungen, Bauchschmerzen) werden entweder komplett ignoriert oder irrtümlich als die „eigentliche Gefahr“ fehlinterpretiert. Beiden Fällen ist gemeinsam, dass die körperlichen Ausdrucksformen von Emotion nicht als nützliche Signale erkannt werden: Im ersten Fall kann ein Burn-out-Syndrom oder eine Depression die Folge sein, im zweiten Fall wird die „Brandsirene anstelle des Feuers“ bekämpft.

Bei den emotional begründeten (= affektiven) Störungen versagt nicht nur die „Verstandesbremse“, vielmehr tritt unser Bewusstsein manchmal sogar noch auf das Gaspedal. Beispiele sind katastrophisierende Gedanken von Panikkranken („Jetzt sterbe ich gleich“ – wenn das Herz rast oder Schwindel auftritt) und Depressiven („Ich kann nichts.“ „Ich bin nichts wert.“ „Das wird auch nicht klappen.“). Kognitive Therapie nutzt die Möglichkeiten des Verstandes, Emotionen zu steuern, indem sie das Denken entsprechend schult und trainiert. Schneller und zuverlässiger wirken bei emotionalen Störungen vermutlich verhaltenstherapeutische Ansätze. Bei diesen setzen sich die Betroffenen den gefürchteten oder gemiedenen Situationen aus, wodurch sie korrigierende Erfahrungen machen können. Letztere sind offenbar besonders gut geeignet, die im Emotionshirn gespeicherten Informationen zumindest teilweise zu überschreiben bzw. zu modifizieren. Bei weiteren ähnlichen Reizen reagiert das Emotionsgehirn dann möglicherweise schon deutlich schwächer. Dagegen setzt die kognitive Therapie erst an einer späteren Phase des Geschehens an. Sie nimmt in Kauf, dass der Organismus durch das Emotionsgehirn bereits in Alarmbereitschaft versetzt wird. Es baut darauf, dass die anschließend eintreffenden „Kommandos der Verstandeszentrale“ die emotional bereits angestoßenen Aktionen noch beeinflussen können. Dass die „Alarmbereitschaft“ entsprechend veranlagter Menschen komplett beseitigt werden kann, ist unwahrscheinlich und von der Natur wohl auch nicht gewollt. Denn die Fähigkeit zu Alarmbereitschaft fördert ja unserer Überleben. Wer etwa zu Panikattacken neigt, kann daher auch nach 20 Jahren „Pause“ noch von einer Panikattacke überrascht werden. Für emotionskompetent gewordene Menschen dürfte dies jedoch kein Problem mehr sein, da sie ja mittlerweile wissen, wie sie mit solchen Situationen umgehen können.